Stellen Sie sich ein Grundschulkind mit einer Krankheit des Nervensystems vor… Nicht nur das Lesen und Rechnen muss gelernt werden, aber das Schreiben ist eine viel größere Herausforderung für dieses Kind. Nennen wir mal die Kleine „Zoe“ einfach! Zoe kann nicht eine Stift halten, wo ihre Freunde schon mit dem Füller umgehen können… sie hat Krämpfe… sie hat Ängste, dass die Krämpfe kommen… die Ängste schnüren ihr den Atem ein. Allein die Erinnerung an den Kontrollverlust ist für sie belastend… Arme Zoe!

Zoe wird älter… weil sie während ihrer Schulzeit liebevolle Unterstützung bekommt, geht es ihr heute gut. Sie bearbeitet ihre Erinnerungen an die belastende Kindheit, indem sie über den Kontrollverlust singt:

I don’t wanna lose control
Nothing I can do anymore …

Seitdem ich das Single von Zoe Wees gehört habe, verfolgt mich das Lied… Das Wort Kontrolle hat ein Signalcharakter für mich.. und Kontrollverlust ist der Zustand kurz vor der Katastrophe… Man könnte sagen, dass ich zeitlang einen Kontroll-Freak war (naja immer noch bin)… wer nicht?

Es ist nicht nur die Arbeit und das private Leben, was geplant, durchgeführt, angepasst und analysiert werden muss… wobei hier ist allein die „Controller“- Kenntnisse zum Teil nicht ausreichen, alles im Lot zu halten und zwischendrin Klarschiff zu machen. Viel mehr belasten mich die ungünstigen Änderungen im Umfeld, die nicht in meinem Einflussbereich sind. Dann [versuche ich den Kontrollkreis zu erweitern, indem ich an weitere Möglichkeiten denke und für diese den Plan-X, Y, Z zu entwickeln… REPLAY]… bis es zu viel wird… nächste Stufe heißt dann mit Sicherheit Burnout!

Während des Knock-downs lernt man mit den alt ansässigen Werten anders umzugehen… Entsprechend kann ich alle meine Notfallspäne in die Tonne werfen. Was ich gerade kontrolliere ist mein Kontakt nach Außen und die Vorräte. Die große Blase von „was-wäre-wenn-aber-doch-je nach“ brauche ich nicht mehr. Es ist wie Urlaub, dieser Kontrollverlust, und macht Lust auf mehr.

Nach dem Motto „aus lauter Bäumen sieht man den Wald nicht mehr“ war ich bisher zu sehr beschäftigt damit, „die Welt mir zurecht zu machen, wie sie mir gefällt“. Die ungeplant eingeführte Befreiung von der inneren Kontrollzwang ermöglicht, das wertzuschätzen, was einem am nächsten ist. Das ist in der Regel genau das, was wir uns angewöhnt haben, als selbstverständlich zu sehen… die Menschen um uns, unser Heim, und sogar unser eigenes Körper. Die Beziehungen zu unseren Liebsten, die Energie in den eigenen 4-Wänden und natürlich die Liebe zu Ich bieten aber an sich genug Potential für eine Vollbeschäftigung in Sachen Kontrollarbeit.

Wir müssen halt den Fokus anpassen und ein gesundes Gleichgewicht zwischen was zu kontrollieren und was loszulassen finden. An dieser Stelle kommt das Wort Detox auf die Bühne… Am Beispiel von „Digital Detox“… weil dies ein Hype-Begriff geworden ist, wollte ich unbedingt darüber schreiben.

Ich nehme mir vor, mich von den unsichtbaren Altlasten zu befreien und zukünftig sehr selektiv zu entscheiden, was ich in meinen elektronischen Medien heran lasse. Dazu zählen: Werbe-Emails kündigen, Handyzeit reduzieren, nur zu bestimmten Zeiten Emails abfragen, nicht gelungene Snapshots löschen, sogar User-Ids und Passwörter… in der letzten Zeit ist von einem Smartphone-Diet die Rede… Bald kommt die Fastenzeit, es würde auf jeden Fall reinpassen, an dieser Stelle einen Kontrollzirkel einzubauen… Macht noch jemand mit?